Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 21 – Sturm und Drang

Auf dem Weg zum Gipfel sahen wir drei gigantische Frostriesen schon von weitem. Sie standen einander zugewandt im Kreis und hielten wohl ein Ritual ab. Man konnte die Magie zwischen ihnen förmlich spüren, ihre Bewegungen, sie pusteten und hoben die Hände ganz darin vertieft. Es sah tatsächlich so aus, als würden sie den Schneesturm beschwören, der zwischen ihnen klein anfing und nach oben stieg. Je höher er kam, desto grösser wurde er.
Die Riesen waren wirklich riesig. Riesig riesig. Fünfmal meine Grösse!
«Drizzt, habt ihr schon mal gegen solche Wesen gekämpft?», fragte Cinar.
«Ja, allerdings und wir sollten sie nicht unterschätzen.»
«Was wäre denn die beste Herangehensweise?»
«Hm, gute Frage… Das Ritual ist wohl das, was dem Dorf momentan zu schaffen macht. Doch es lenkt die Frostriesen auch ab, weil sie ihre volle Konzentration darauf richten müssen. Wenn sie es also abbrechen, ist es zwar gut fürs Dorf aber schlecht für uns. Auch im Fernkampf sind sie stark, können sie doch mit Felsbrocken werfen. Jedoch sind sie nicht sonderlich schnell oder wendig, gerade durch ihre Grösse. Sie machen aber grosse Schritte, können schnell rennen», wusste Drizzt über die Eisriesen zu berichten.
Das würde kein Zuckerschlecken werden!
Ganz langsam schlichen wir uns so nah wie möglich an, ohne dass die Riesen uns sehen konnten.
Tappser führte den ersten Überraschungsangriff aus, indem er sich von hinten an den nördlichsten Riesen anschlich und ihn mit seinem Dolchen überraschte.
Das liess auch Drizzt aus seiner Deckung auftauchen und denselben Riesen mit seinem Bogen angreifen.
Ich versuchte, einen Feuersturm in der Mitte auszulösen, doch die Kälte, die die drei Frostriesen beschworen, war zu stark.
Cinar griff den ersten Riesen mit seiner Armbrust an und traf direkt in den Schädel. Dort blieb der Bolzen stecken.
Tappser, der sich nach seinem ersten Schlag schnell zurückgezogen hatte, sah seine nächste Gelegenheit. Er rannte wieder hin und stach mit seinen Dolchen zu. Der Frostriese brüllte noch einmal auf, sein ganzer Körper schien blutüberströmt. Dann zog Tappser sich schnell wieder zurück.
Drizzt wechselte nun das Ziel und liess zwei Bolzen am zweiten Frostriesen vorbeizischen. Daneben.
Durch mein Flammenzauber konnte der erste Frostriese besigt werden. Nur noch ein Häuflein Asche lag da.
Nun liessen sie von ihrem Sturmritual ab. Es wurde gefährlich. Immerhin löste sich der Sturm auf. Die Stadt konnte sich hoffentlich erholen.
Einer der beiden verbliebenen Frostriesen stürmte auf Cinar zu und schlägt mit einer riesigen Axt zu. Cinar sah schnell ganz schön angeschlagen aus.
Der andere Riese rannte auf Tappser zu und…brüllte ihn an. Schnell rannte er leichtfüssig über den Schnee weg vom Feind.
Drizzt nahm auch den Gegner bei Tappser in seinen Fokus und schoss weiterhin Pfeile auf diesen.
Um Cinar zu unterstüzten erschuff ich einen Wächter des Glaubens neben ihm. Für Mielikki!
Durch den Wächter wurde der Riese, der Cinar aufs Korn genommen hatte, in seinem ersten Schlag unterbrochen, holte aber nochmals aus und traf mit seinem zweiten.
Der andere Riese rannte wieder auf Tappser zu und hauchte ihn mit seinem Frostatem an.
«Phu, du hast Mundgeruch!», Tappser. Nie um einen blöden Spruch verlegen.
Cinar schlug auf den anderen Riesen ein. Der sah mittlerweile zwar ganz schön lädiert aus, schien sich aber noch gut auf den Beinen halten zu können.
Auch Tappser schoss nun mit seiner Armbrust auf den Gegner vor Cinar, dann malträtierte er den anderen vor sich mit seinen Dolchen. Schnell zog er sich aus dessen Reichweite zurück und kletterte den Berghang links neben mir hinunter. Hatte er was bestimmtes vor? Ich sah, wie seine Füsse blau anzulaufen schienen, doch irgendwie schaffte er es, die Kälte abzuschütteln und nicht in den Abgrund zu stürzen.
Drizzt schoss mit seinem Bogen auf den Frostriesen, der Tappser angehaucht hatte. Zwei Treffer! Dem gings nicht mehr gut!
Cinar aber auch nicht. Ich unterstütze ihn so gut ich konnte mit meiner magischen Fernheilung.
Aller Heilung zum Trotz fiel Cinar nach dem nächsten Schlag um und bewegte sich nicht mehr!
Auch Drizzt musste einige Verletzungen durch den zweiten Riesen in Kauf nehmen, der sogleich durch Tappser wieder angegriffen wurde. Er hielt gerade noch so durch, war aber blutüberströmt.
«Stirb doch endlich, du Aas!», rief Tappser frustriert.
Drizzt wechselte zu seinem Schwert und griff als nächster an. Nach zwei Schlägen lag auch der zweite Frostriese ausgeschaltet in einer riesigen Schneewolke auf dem Boden. Dann nahm Do’Urden sein Amulett in die Hand, betete zu Mielikki und beschwor einen Heilenden Geist für Cinar. Dann geschah alles gleichzeitig.
Ich kam dem Heilgeist zuvor und Cinar stand wieder auf, wurde aber sofort darauf vom Frostriesen wieder niedergestreckt, woraufhin die beschworene Kreatur in aber wieder aufstehen liess. Armer, gebeutelter Cinar.
Doch er schien sofort erholt zu sein, griff mit seinem Flammenschwert und seinem schwarzen Zorn an, gleichzeitig mit meinem Wächter und der Frostriese war besiegt. Wieder breitete sich eine Schneewolke über das nun stille Schlachtfeld aus.

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Der Sturm flaute noch langsam im Hintergrund ab. Der Himmel wurde klarer.
Ich betete für meine Freunde zu Mielikki und ihre Wunden heilten. Tappser versuchte eine der riesigen Äxte der Frostgiganten hinter sich her zu schleifen. Ich bedankte mich auch bei Drizzt für seine wertvolle Hilfe.
«Nichts zu danken, ich habe euch zu danken. Ohne euch wäre die Stadt wohl bald erfroren. Ihr seid eindeutig gute Helden der nächsten Generation.»
Tappser hatte unterdessen den Plan aufgegeben, die Axt mitnehmen zu wollen und setzte sich stattdessen einen gehörnten Helm auf die Schulter.
Dann rodelten wir auf einem toten Frostriesen den Berg hinunter. Es war eine sehr holprige Fahrt bis ins Tal. Plötzlich sahen Cinar und ich während der Rutschpartie, dass wir schnurstracks auf eine grosse Orkarmee zuhielten, die die Stadt belagerten! Zum Glück konnten wir alle noch rechtzeitig warnen und abspringen. Auf einem kleinen Felsvorsprung sahen wir zu, wie die Leiche noch weiter ins Tal rutschte. Mitten in die Masse der Orks hinein, die von unserer Warte aus die gesamte Stadt zu umstellen schienen. Natürlich wunderten sie sich, woher der tote Frostriese kam und sahen sich um. Ich hätte schwören können, dass uns einige Orks genau anblickten. Cinar und ich tauschten einen besorgten Blick. Wir sollten einen möglichst weiten Bogen um die Armee machen. Vielleicht kamen wir noch über das Südtor zurück nach Nesmé hinein.

Je weiter südlich wir kamen, desto grösser musste unser Bogen um die Stadt werden. Die ersten Ausläufer des Evermoors begannen und je weitere wir kamen, desto mehr Orks sahen wir dort unten.
«Ich denke, wir sollten weiter mit Abstand um die Stadt laufen. So wie es aussieht, kommen wir momentan nicht hinein», teilte ich meine Gedanken mit, «Schlimmstenfalls finden wir bei Tristan Lubin und den Schildsternen Unterschlupf.»
Sowohl Orks als auch Dunkelelfen umstellten die gesamte Stadt. Je östlicher wir kamen, desto mehr Dunkelelfen sahen wir in der Armee stehen. Erst am frühen Nachmittag konnten wir die östliche Seite der Stadt ganz überblicken. Alles vollgestellt. Wir mussten dringend versuchen, mit Tristan zu sprechen. Unten im Tal wurde es zu warm für unsere Mäntel, also legten wir sie ab. Doch Cinar klapperte wie eine Schachtel leerer Dosen und auch ich war nicht ganz so leise, wie ich es gerne gewollt hätte. Dies machte eine kleine Truppe Orks auf uns aufmerksam. Brüllend rannten sie auf uns zu.

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Zum Glück schienen sie nicht damit gerechnet zu haben, mitten in der Pampa auf eine Gruppe Helden zu treffen. Ganz so frisch sahen sie nicht aus.
Der erste Ork war sodann auch nach nur zwei Schlägen von Tappser besiegt.
Ich stärkte schnell meine Gefährten, während Drizzt auf den zweiten der vier Orks schoss und auch diesen schnell niederstreckte.
Cinar schoss einen Pfeil auf den dritten Ork, der in ihm stecken blieb.
Dieser und der vierte Ork griffen Tappser und Cinar an.
Tappser ging sofort auf den Ork zu, in dem Cinars Pfeil noch steckte und bearbeitete ihn mit seinen Dolchen. Noch blieb er aber stehen.
Mein nächster Zauber galt dem vierten Ork hinter Tappser, der in pinken Flammen aufgeht und zu pinker Glitzerasche verbrannte. Was? So war der Ork wenigstens einmal in seiner Existenz ästhetisch ansprechend. Cinar heilte ich nochmals zumindest behelfsweise. Der hatte heute aber auch schon einiges einstecken müssen.
Drizzt schoss nochmals auf den dritten Ork und streckte ihn nieder. Im Fallen fügte dieser Tappser nochmal eine böse Wunde zu.
So schnell war der Kampf vorbei, doch würden wir es ohne weitere Zwischenfälle zu Tristan ins Lager schaffen?
«Lasst uns unseren Weg fortsetzen, langsam wirds knapp», meinte auch Drizzt.

Nach einer halben Stunde erreichten wir zum Glück ohne weitere Zwischenfälle das Lager der Schildsterne. Es war schon später Nachmittag. Alle freuten sich, uns zu sehen, obwohl sie nicht so schnell wieder mit uns gerechnet hatten. Trotzdem lag eine Unruhe und Spannung in der Luft. Verständlicherweise.
Wir erstatteten Tristan Bericht und erzählten ihm auch von den drei Frostriesen oben auf dem Berg. Alleine die Ausläufer des Wetters, die hier auch angekommen waren, waren nicht schön gewesen.
«Umso besser, dass sich die Situation geklärt hat. Jedoch steht das nächste Problem buchstäblich vor der Tür. Die Greifenreiterin kann ihre normale Flugroute momentan nicht abfliegen. Sie ist zu gefährlich geworden», informierte Tristan uns.
Dann stellten wir ihm Drizzt vor und berichteten weiter, was innerhalb der Stadt Nesmé passiert war. Wir waren ausgeschlossen worden. Das Gildentor jetzt zu verschieben kam nicht in Frage, sonst würde die dringend benötigte Lebensmittelversorgung der Stadt wieder unterbrochen. Morgen würden die Vorräte aus Silverymoon ankommen. Die Verstärkung aber erst in zwei Tagen. Wir glaubten nicht, dass die Armee so lange warten würde. Belagerungswaffen waren noch keine aufgetaucht, jedoch verfügten Dunkelelfen über jede Menge Magie. Vielleicht brauchten sie gar keine Belagerungswaffen.
Seltsam war ausserdem, dass sie sich so lange Zeit liessen für so eine unbedeutende Ortschaft wie Nesmé. Worauf warteten sie…?
Heute würden wir nicht mehr weiter kommen. Wir sollten uns zuerst Mal von den Strapazen ausruhen.

Doch wirklichen Schlaf fand ich mal wieder nicht.
«Psswsssflüsterflüster», hörte ich die ganze Nacht. Immerhin konnte ich liegen und meinen Körper ausruhen.
Nach Mitternacht brach eine Unruhe im Lager aus. Keine Panik, aber ein Aufhorchen, bereit machen. Die geschäftige Ruhe vor dem Sturm.
Tappser bemerkte dies wohl auch, da er aus dem Zelt heraustrat. Er erfuhr, dass Tiago Baenre wohl in der Nähe von Mithral Hall gesichtet worden war. Mit dieser Nachricht weckte er uns vorsichtig auf. Dann suchten wir mit Drizzt im Schlepptau Tristan nochmals auf.
Dieser stand mit seinen Generälen schon am Kommandotisch. Alle hatten einen sehr besorgten Gesichtsausdruck. Erleichternd ist zwar, dass die Armee noch nicht angegriffen hatte, besorgniserregend jedoch, dass sie auf was ganz Anderes als Belagerungswaffen warten könnten.
Die Armee um Nesmé schien 5000 Mann stark zu sein. Die Schildsterne haben gerade mal 2000 Mann im Lager. Tristan informierte uns, dass wohl Drachenschlächter aus Waterdeep und Neverwinter unterwegs seien, in den Reihen der Verstärkung von Süden. Aber es machte den Anschein, als ob die Orks sich ihrer Sache sehr sicher seien.
Eine Ablenkung musste her. Wir könnten versuchen, das Lager in Schutt und Asche zu legen, sodass sich die Belagerungsarmee zurückziehen müsste. Dann könnten wir die Vorräte aus Silverymoon, die in den nächsten Stunden ankommen müssten, irgendwie nach Nesmé hineinbugsieren.
Doch das Lager der Orks war nicht verlassen. Auch dort waren noch 5000 Streitkräfte. Insgesamt mit der Belagerungsarmee 10’000. Wir waren sowas von in der Unterzahl.
Allerdings war das Lager wohl momentan nicht allzu gut bewacht.

Im Morgengrauen würden laut der Bestandsliste aus Silverymoon nicht nur Vorräte, sondern auch Ölfässer, Sprengstoff und Trebuchets ankommen. Also doch die Lieferung abwarten, bevor wir das Lager zu sabotieren versuchen würden.
Egal, was wir uns sonst noch so ausdachten, es war alles zu riskant. Die Orks waren so oder so im Vorteil und wir würden nicht drum herum kommen, auf Silverymoon zu warten. Dann konnten wir neue Pläne schmieden. Also legten wir uns bis dahin nochmals aufs Ohr. Nur Cinar ging Tristan den Rest der Nacht zur Hand und erledigte kleinere Botengänge für ihn. Würde ich jetzt noch etwas von dem Geflüster verstehen?

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