verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 48 – Beamte und Latrinen

«Arthur! Wir haben Arthur vergessen!», fiel mir gerade noch ein, als wir schon fast wieder am Hafen standen. Tappser und seine schnelle Begeisterbarkeit! Er war natürlich ohne irgendwen abzuwarten zum Waffenladen gejoggt.
«Wer ist Arthur?», fragte Tappser im Spass.
Ich erklärte mich bereit, Arthur zu holen während die anderen nach Miranda suchten. Ich hatte die kürzesten Beinchens, ich konnte am besten zu Arthur und wieder zurück rennen. Also trennten wir uns kurzerhand.

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Als ich gerade um die Ecke bog und durch unsere Gildentür huschen wollte, verstellten mir ein paar Wachen den Weg. Sie schienen unseren Eingang zu untersuchen! Oje, das verhiess nichts Gutes.
«Guten Tag, die Dame», sprach mich einer der Wachen an.
«Guten Tag», ich versuchte ganz normal zu wirken.
«Was führt euch in diese Gegend?», oje das würde schnell zu einem Verhör werden…
Ich gab vor, Stoffe hier gelagert zu haben. In dem Haus, aus dem wir zuerst rausgekommen, nachdem wir aus Sigil gekommen waren. Der Wächter war etwas misstrauisch und wollte die Stoffe sehen, ich gab mich verwirrt und gab an, dass ich mich auch für die Pflanzen hier interessiere. Die Wachen befragten mich zur Tür, seit wann ich denn hier sei und ob mir die Tür aufgefallen sei. Dass ich mich aber für die Pflanzen interessierte stiess der Wache wohl schlecht auf, irgendwie schienen sie mich irgend einer Sache zu verdächtigen. Ich kramte in meinen Taschen und zeigte ihnen den Mistelzweig und die Krawummsfrucht, um zu beweisen, dass ich mich für exotische Pflanzen interessierte. Das schien mich noch verdächtiger zu machen und plötzlich wollten die Wachen mich auf die Wache mitnehmen, um einen Drogentest zu machen!
Draussen versuchte ich, durch ein wenig Krach um die Ecke für Unruhe zu sorgen, doch nur zwei, drei der Wachen, die die Tür untersuchten, sprangen darauf an. In dem kurzen Tumult konnte ich auch nicht ungesehen durch die Tür entkommen. Mist. Dann mussten wir Arthur halt irgendwie nachholen und ich mich auf der Wache ihren Tests unterziehen. Ich wedelte noch mit dem Ticket vor der Wache herum.
«Meine Überfahrt darf ich aber nicht verpassen!»
«Ich versichere Ihnen, dass wir bis heute Mittag mit den Tests durch sind.»
Seufz. Ich musste mich wohl mitnehmen lassen. So konnte Arthur sowieso nicht aus der Gildenhalle rauskommen, ohne gleich festgenommen zu werden.

Auf der Wache wurden mir zuerst alle Sachen abgenommen, ausser meiner Kleidung, in der sich zum Glück Maturin und Sylvie versteckt hatten. Dann wurde ich in eine Zelle gebracht, während mir die Beamten versicherten, dass ich mein Schiff nicht verpassen würde. Irgendwie wurde das immer unglaubwürdiger. Mein Notplan sah wie folgt aus: Die anderen warnen, dass die Tür untersucht wird und ich aufgehalten wurde. Dann konnten die anderen die Tür an einen sicheren Ort versetzen und zusammen mit Arthur rechtzeitig zur Abfahrt zum Hafen kommen.
Ich sandte Tappser per mentaler Nachricht also Folgendes:
«Vorsicht! Die Tür wird untersucht! Wachen haben mich zum Drogentest abgeführt, Arthur kann so nicht rauskommen. Ich bin vor Abfahrt wieder da. Tür! Muss! Weg!»
Kurze Zeit darauf erhielt ich die Antwort von Tappser: «OK. Wir gehen zur Tür. Haben Tür umgesetzt. Bei Sahids Großeltern. Wo bist du? Kommen dich ab Mittag suchen. Pass auf dich auf!»
Also sandte ich noch ein weiteres Mal: «Ich bin in einer Zelle auf der Wache nordöstlich vom Lagerhaus. Bin bei näherer Betrachtung nicht sicher, inwiefern ich deren Zeitangaben hier vertrauen kann.»
Tappsers Antwort liess nicht lange auf sich warten: «Spreche mal mit Sahid. Vielleicht hat er eine Idee. Verdammt, diese Kommunikation ist cool. Will ich auch können!»
Nun dann entspannte ich mich und kuschelte noch etwas mit Sylvie, und harrte der Dinge, die da weiter geschehen mochten.

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Ach! Ich hätte doch die Zeit aufhalten können! Ich Dödel! Die Uhr war noch so neu, da hatte ich gar nicht daran gedacht. Naja, jetzt war ich halt hier in dem Schlammassel. Ich vertraute auf Mielikki und betete noch ein bisschen.
Plötzlich lief ein Tross von Wachen an mir vorbei. In ihrer Mitte Eule, Cinar und Tappser. Sie wurden alle in einzelne Zellen gebracht. Dann kam eine Wache auf mich zu und verlangte eine Haarsträhne. Die übergab ich schnell und setzte mich dann auf den Boden, um zu lachen. Was hatte Tappser wieder angestellt, dass diesmal alle in eine Zelle gebracht hatte?
«Das ging ja einfach, vielen Dank für eure Kooperation, in etwa einer halben Stunde dürftet ihr wieder frei sein.», sagte die Wache, bevor sie verschwand. Na, wer’s glaubt…

«Tappser wo habt ihr denn die Tür hingestellt?», fragte ich.
«Bei Sahids Grosseltern im Keller. Arthur wollte schon mal zum Boot.»
«Gottseidank. Weswegen seid ihr hier in Zellen?»
«Wir haben versucht, die Dame zu besuchen und die haben mich für einen Arzt gehalten.»
«Du hast dich als Arzt ausgegeben, Tappser!», schrie Cinar ihn an.
«Ja, und er ist gar kein Arzt!» sagte Eule, ganz entrüstet.
«Ja, genau! Die Erklärung war ich dir noch schuldig, Eule!», lachte der Tabaxi.
«Und wann kommt ihr hier wieder raus?»
«Naja, wir brauchen erst mal noch eine Gerichtsverhandlung, bevor wir verbannt werden. Wenn wir alles gestehen, vielleicht in einer Stunde, dann gehts schneller.»
«Also verstehe ich das richtig? Notfallplan wäre, dass jetzt zumindest einer von uns zu Arthur und dem Schiff kommt, bevor es abfährt und dann sich irgendwie überlegt, wie ihr hier alle rauskommt?»
Darauf bekam ich keine Antwort. Es gab wohl keinen Notfallplan. Naja, improvisieren konnten wir ja doch noch am besten. Irgend etwas würde uns schon hier raus bringen, da vertraute ich Mielikki.
Aus irgendeinem Grund hatten die Wachen Cinars Schwert an einer Wand stehen lassen, was die anderen fieberhaft versuchten, irgendwie umfallen zu lassen. Zur Not mit Pusten.
Tappser gelang es, aus dem Holzeimer in seiner Zelle einen Splitter herauszupulen, mit dem er das Zellenschloss aufdietrichen konnte. Dann ging er hinaus, gab Cinar sein Schwert in die Hand und ging zurück in seine Zelle und zog die Tür zu.
Wir warteten. Und warteten. Leider verstrich die halbe Stunde und es kam keiner, um mich rauszuholen. Dann verstrichen weitere zwei Stunden. Unser Schiff konnten wir wohl vergessen. Die Abfahrtszeit war mittlerweile schon überschritten.
Cinar legte sich in seiner Zelle hin und kuschelte mit seinem Schwert, bevor er es wieder wie zuvor hinausstellte, diesmal aber in Reichweite liess.

Nach langer Zeit hörten wir zwei Stimmen. Es waren keine Wachen. Sie klangen vertraut aber nicht bekannt. Waren zwölf Stunden vergangen? Sechs? In dieser Dunkelheit war es unmöglich, die Zeit einzuschätzen.
«Wo sind die denn jetzt? Es muss doch hier irgendwo langgehen!», hörten wir eine Frauenstimme.
Dann konnte ich Arthurs Stimme erkennen.
«Arthur!»
Tappser stand auf und verliess seine Zelle, um Arthur entgegen zu gehen.
«Oh Gott! Damit hätte ich rechnen müssen!», sagte die Frauenstimme, als sie den Raum betrat, von dem die Zellen abgingen.
«Rhea!», freute ich mich!
Die erste Person, die wir in unsere Gildenhalle eingeladen hatten! Und die uns dann mit der Diebesgilde in Nesmé geholfen hatte.
«Wie kommst du denn hierher?»
«Also darüber können wir uns gerne unterhalten, aber später. Im Vorraum haben wir Kisten mit euren Sachen gesehen und da gibt es auch einen Fluchtweg. Durch die Latrinen.»
Alle machten angeekelte Gesichter.
«Egal, hauptsache raus hier.»
Im Vorraum waren tatsächlich all unsere Sachen wieder und mit Rhea begaben wir uns dann zum Zugang der Kanalisation.
«Hat mich auch nur ein paar…Kontakte…gekostet.»
«Ach Rhea, wie können wir dir das jemals danken!»
«Ich komme darauf zurück.»
«Die ist bestimmt die ganze Zeit in unserer Gildenhalle gewesen», mutmasste Tappser.
«Wie auch immer, da vorne ist der Ausgang», lenkte Rhea geschickt ab.
«Mir ist zu Ohren gekommen, dass da im Wald ein Lagerfeuer gewesen sein soll…»
«Nein! Das warst du???!», irgendwie hätte ich da auch selber drauf kommen können.
«Arthur hat mir erzählt, dass er das Schiff noch bis Mitternacht aufhalten konnte. Also husch husch, durch die Kanalisation. Da müsst ihr natürlich aufpassen, wenn ihr rauskommt, dass ihr nicht allzu sehr auffällt, was natürlich etwas einfacher ist, wenn man weiss, was man tut. Also braucht ihr bestimmt etwas länger, also beeilt euch! Ich komme vielleicht mit oder nicht, Neverwinter klingt auch ganz schön.»
Und dann bogen wir um eine Ecke, zu den Latrinen.
«Ooh oh! Scheinbar waren wir doch nicht so unbemerkt eingedrungen, wie wir gedacht hatten…?»
«Naja, leise wart ihr tatsächlich nicht», informierte uns der Stahlkoloss, der mit vier Wachen um ihn herum vor dem Latrineneingang stand. «Und den Richter können wir so auch umgehen!»
«Ohmann, nur weil ich ein Tabaxi bin.»
«Ohmann, nur weil ich gross bin.»
«Nur weil ich ein Gnom bin. Was ist eigentlich aus meinem Drogentest geworden?»
«Lasst uns die Rassisten vermöbeln!», schrie Cinar bevor er wutentbrannt und mit fackelndem Schwert auf die Gegner zurannte.

Kampfgeräusche! Bäng! Bumm! Wusch! Auaaaa! Bim! Bong! Schnetzel!

hinab zum Latrineneingang. Bild von Angelika auf Pixabay

Mit seinem letzten Schlag hieb Cinar dem grossen Stahlkoloss nach einem langen zermürbenden Kampf den Kopf ab, der nach hinten wegrollte. Der riesige Körper sackte in sich zusammen.
Zwei Assassinen, die hinter den Treppen gelauert hatten und uns ganz schön zugesetzt hatten, warfen komische Kügelchen auf den Boden und verschwanden im Rauch. Tappser konnte wie durch Zauberhand (oder durch seine sehr guten Ohren) erkennen, wo einer hinrannte und erwischte ihn noch tödlich mit seinem Rapier.
Die vier übrig gebliebenen Wachen des Stahlkolosses scharten sich um Cinar und schlugen alle auf ihn ein. Rhea stürzte sich dann auch ins Getümmel. Ich wollte mich nun auch mal mitten reinwagen und schlug probehalber mit meinem Morgenstern zu. Hm. Irgendwie war da glaub ich mein Glockengeläut des Todes besser. Das erinnerte wenigstens alle daran, dass das Leben endlich ist. Ausserdem konnte ich das auch aus der Entfernung wirken. Naja, mal ausprobieren schadete ja nicht. Irgendwann hatten wir die vier Wachen alle ausgeknockt und konnten weiter. Aber zuerst musste Tappser natürlich dem Verschwindibus des zweiten Diebs auf die Schliche kommen. Er suchte alles ab, schien ihn aber nicht mehr aufspüren zu können.
Dann waltete Eule ihres Amtes und exekutierte eine der Wachen noch, damit ihre Waffe auch einen Tod verzeichnen konnte. Das war leider das Gesetz der Jagd, arme Wache. Aber igitt. Ich wandte mich ab. Endlich konnten wir weiter. Durch die Latrinen.

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