verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 45 – Schwarze Kutten, schwarzes Bier

In der Taverne und in unserem Zimmer angekommen, band ich mich an die Stoppuhr. Ich konzentrierte mich auf sie und nach kurzer Zeit wurde alles schwarz um mich herum und Schmerzen durchfuhren mich, wie ich sie noch nie zuvor erlitten hatte! Die Welt schrumpfte auf die Uhr zusammen und ich sah nur noch die Rädchen und Zähnchen, wie sie sich ineinander drehten und mein Fleisch durchschnitten. D
och nach kurzer Zeit und mit einigen Atemübungen gelang es mir, meinen Fokus wieder zu erweitern. Die Dunkelheit verging und langsam kam die Farbe wieder in die Welt zurück. Ich war komplett fertig und sehr müde. Nun endlich konnte ich auf der Hinterseite der Uhr meinen Namen lesen! Er war etwas zu lang und die Buchstaben ragten über die Uhr in die Luft hinaus aber er war komplett da! Yarahana Venci Nywyn Sana Kustilani Wyse! Endlich, nachdem ich dieses Ding so lange mit mir herumgetragen hatte war ich stark genug geworden!
Aber auch sooo müde. Ich bedankte mich sehr bei Arthur und Cinar, dass die beiden auf mich aufgepasst haben. Dann legten wir uns hin. Endlich schlafen.
«Lukas» hörte ich. Aber nicht mehr. Ich würde den nächsten Tag also nach wie vor übermüdet verbringen. Als endlich das Licht wieder anging knuddelte ich mit Silvie und Maturin und torkelte auf Cinar zu, umarmte ihn auch und tätschelte seinen Rücken.
«Ich weiss auch, wie das ist, wenn man nicht schlafen kann», gähnte ich.
Dann ging ich hinunter und gönnte mir heute sogar einen Kaffee, starken Tee und ein paar Kartoffeln. Cinar kam herunter, als ich noch auf meine Kartoffeln wartete und bestellte ein normales Standardfrühstück. Auch Arthur gesellte sich schliesslich zu uns und ich gab ihm ein Frühstück aus.

Bild von Karolina Grabowska auf Pixabay

Eule kam mit Nilo unterm Arm hereingestürmt und setzte sich zu uns. Sie verteilte ihre Geschenke, die sie Meld auf dem Nachtmarkt aus dem Ärmel geleiert hatte. Ich bekam einen Mistelzweig und Cinar ein Knoblauch-Waffenöl.
Irgendwann kam auch Tappser mit Noah wieder bei uns an, als ich mir gerade ein Kaffeebohnentraube genehmigte. Eule gab ihm einen Feuerorchideentee. Tappser bekam riieesige Augen. Richtig süss sah das aus.
«Tappser du kannst ja richtig süss aussehen, wenn du möchtest!»
«Pah! Ich bin doch nicht süss!»
«Was war der Plan für heute?», lenkte Eule ab.
«Ich glaube wir haben noch ein paar Briefe zu verteilen»
«Achja stimmt ja.»
Wir fassten zusammen. «Gestern waren wir bei den Transcended, bei den Fated und beim Sign of One.
Bleiben noch Dustmen, Bleak Cabal, Fraternity und Believers of the Source. Arthur, kannst du uns einen Plan erstellen, wie und in welcher Reihenfolge wir die alle abklappern können, du kennst bestimmt die ganzen Hauptquartiere?»
«Oh na klar, die sind alle im Hive oder Lower Ward»

Wir machten uns auf den Weg zum Hive. Als erstes steuerte Arthur das Hauptquartier der Bleak Cabal an. Wir sahen auf jeden Fall, dass sich die Ausschreitungen minimal beruhigt hatten. Im Gegensatz zu gestern war es fast angenehm auf den Strassen. Wir schlugen uns bis zu diesem grossen Gebilde mit zackigen Mauern un eigenartigen Formen durch, das ziemlich surreal aussah. Wir waren zwar schon ein paar mal daran vorbei gekommen aber haben dem Gebäude noch nie wirklich Aufmerksamkeit gezollt. Das Tor war riesig und nach innen gewölbt. Es sah aus, als wäre es mal viel grösser gewesen, aber grösstenteils zugemauert worden und ein kleineres Tor hineingesetzt. Keine Wachen zu sehen. Spannend. Wir öffneten die Tür und gingen hindurch. Plötzlich wurde es laut!
Schrille Schreie hallten durch die vier Gänge, die vor uns lagen. Wir hörten Heulen und Gelächter, das fast an Wahnsinn grenzte.
«Ist das normal?», fragte Eule.
«Vielleicht haben die ihre Tabletten nicht gekriegt…» Cinar
«Was sind Tabletten?»
«Ja…. lasst uns einfach reingehen» und Tappser ging vor.
Irgendwie sahen wir aber niemanden. Als wir versuchten, die Geräusche einzuordnen, schlurfte ein kleiner fahler Gnom an uns vorbei, in weissem Kittel und weissen Hausschuhen gekleidet.
«Macht die Tür wieder zu, wenn ihr drinnen seid», und er schlurfte weiter seiner Wege und ignorierte uns.
Cinar machte die Tür zu.
«Äh Cinar, versuch mal die Tür wieder aufzumachen…», schlug Tapper vor.
Die Tür blieb zu. Cinar riss nochmal mit seiner ganzen Kraft an der Tür … und hielt plötzlich das Schloss in den Händen und die Tür ging auf. Und ein Alarm ging los.
Schnell drückte er die Klinke Tappser in die Hand und sah sich unschuldig um. Tappser liess sie wie eine heisse Kartoffel fallen und lief weg.
Doch weit kam er nicht, aus den Gängen kamen schnell drei Gestalten auf uns zu, auch in weisse Kittel gekleidet. Der Zwerg fragte: «Was ist denn das was fürn Stress.»
Ich gähnte und zeigte mit beiden Zeigefingern nach oben. «Es war plötzlich voll laut!»
Der Tiefling ging zur Tür und besah den Schaden. «Ja das muss repariert werden, ich geh mal wen holen.»
Cinar ging auf den Zwerg und den alten Mann zu. «Wir haben hier noch so einen Brief, wer ist denn hier für die Post zuständig?»
«Unser Factol oder die Poststelle.»
«Und wo ist euer Factol?»
«Weg», zuckte der Zwerg mit den Schultern.
«Herzlichen Glückwunsch, du bist soeben zum Postverantwortlichen befördert worden!», drückte Cinar dem Zwerg den Brief in die Hand.
«Ok.» Und der Zwerg verschwand mit dem Brief.
Eule hob die Klinke auf und versuchte, sie von aussen wieder anzubringen. Keine Chance. Wir schlüpften schnell hinaus und nahmen die Beine in die Hand.

Arthur führte uns nach Norden, zum Hauptquartier der Dustmen.
«Sag mal Arthur, ist das normal, dass die da drin nicht ganz normal sind?»
«Doch doch, die sind normal. Also, die Wärter. Das ist halt ein Sanatorium, ein Haus, wo man verrückte Leute unterbringt. Ich gehe aber mal davon aus, dass sie sich um den Brief kümmern werden. Sie haben zwar eine gewisse Gleichgültigkeit aber ich denke nur so kann man den Job überstehen. Sie werden sich sicher auch um die Tür kümmern, also ausbrechen wird da wohl keiner. Ja, eigenartige Fraktion, ich weiss.»
«Sind die Dustmen auch so eigenartig?», fragte ich.
«Nun, im Grunde sind sie Freunde der Bleak Cabal und relativ ähnlich, auch eine gewisse Gleichgültigkeit und Melancholie. Aber wenn man sich darauf einlässt, kommt man durchaus mit ihnen aus. Sie kümmern sich halt um die Toten in Sigil und streben halt nach dem endgültigen Tod.»
«Hm, die muss ich mal fragen, was sie unter dem endgültigen Tod verstehen.» Ich war fasziniert.
«Zumindest sind sie nicht ganz so abgehoben wie andere Fraktionen.»

Bild von Susann Mielke auf Pixabayy

Auch dieses Hauptquartier sah sehr eigenartig aus, mit Dornen, an denen teilweise sogar Leichen hingen. Das Tor sah relativ ähnlich aus, wie bei den Bleak Cabal, nur dass über dem Tor ein riesiges aus Amethysten geformtes Hirn zu hängen schien. Es liefen Gestalten in schwarzen Kutten herum. Jedenfalls war viel mehr los als vor dem Tor der Bleak Cabal. Die meisten schoben abgedeckte Schubkarren vor sich her. Ich zupfte jemanden an der Kutte und fragte, ob man sich hier auch irgendwo als Ghulfutter nach dem Tod irgendwo eintragen konnte.
«Das ist aber nett! Ja, drinnen an der Rezeption. Die ist zwar nicht besetzt, aber da liegen Listen aus, wo man sich eintragen kann. Kann ich euch sonst noch irgendwie helfen?»
«Ja, wie kann man Kontakt zur Verwaltung aufnehmen?», fragte Tappser.
«Ach, ihr könnt einfach durchgehen.»
«Ich habe noch eine Frage», reckte ich meinen rechten Zeigefinger in die Höhe, wie eine kleine Schülerin, die die Antwort weiss. «Was versteht ihr unter dem endgültigen Tod?»
«Ach, einfach Ruhe. Einfach Tod. Kein Leben nach dem Tod, oder Himmel, Hölle, Paradiese oder Wiedergeburt. Einfach nur Schwarz und Ruhe.»
«Aha, spannend.»
Tappser und Cinar fachsimpelten mit dem Tabaxi in der Kutte noch ein wenig über den Tod. Dann gingen wir in das Gebäude hinein. Eule hielt die Tür auf. Sie sah schwer aus, doch das bracht mich auf eine Idee. Ich suchte einen geeigneten Knochen unter denen, die hier überall rumlagen und gab ihn ihr. Sie steckte ihn unter die Tür, als Türstopper.
Wir gingen weiter zum Ende des Ganges. «Factol Skull – heute durch Skall vertreten» stand auf einem Schild an einer weiteren Tür. Dies war wirklich die Stadt der Türen.
Tappser ging voraus und wir standen einem Asimar gegenüber. «Oh Geflügel!»
Cinar und der Aasimar blickten Tappser finster an.
«Wir haben einen Brief für euch.»
Ich nahm dem Brief aus der Tasche und reichte ihn Tappser.
Skall nahm den Brief an und las ihn. Er sah uns an.
«Hmm. Ein Treffen der Fraktionen um das Verschwinden der Factole zu untersuchen.»
«So ungefähr.»
«Na dann viel Erfolg euch. Das brauchen wir nicht. So oder so, wir machen weiter mit unserem Alltag, oder wir räumen die Kriegsopfer weg. Das wird dann zwar ein wenig stressiger aber das kriegen wir auch hin. Irgendwann ereilt uns alle der Tod.»
«Vielleicht wird dieses Treffen so stressig, dass ihr einen Herzinfarkt erleidet», schlug ich vor. Der Aasimar hob eine Augenbraue.
«Wo ist euer Factol überhaupt?»
«Wir nehmen an, es hat den wahren Tod gefunden.»
«Schön für ihn.»
«Er war in einem Raum, zu dem nur er Zugang hatte und hat darin den wahren Tod gefunden. Nun, viel Erfolg mit eurem Fraktions…tum..zeug. Wir bleiben doch lieber neutral. Ich habe keine Lust auf sowas.»
«Ach ihr sprecht mir aus der Seele, Skall. Ich habe auch keine Lust auf das ganze Blabla und Politik, aber ich hänge hier drin und ich finde nicht, dass Sigil es verdient hat ausgelöscht zu werden.» Mein Reden.
Skall stutzte ein wenig. «Da habt ihr recht aber trotz allem sehen wir lieber von der neutralen Seitenlinie zu. Uns ist es egal, was den anderen passiert.»
Cinar schien total mit der Stimmung zu viben. Skall schlug ihm sogar vor, ein Antragsformular auszufüllen.
Wir philosophierten noch so lange über den wahren Tod, bis Cinar, Eule und ich die Formulare ausfüllten, weil wir uns so nach Faerûn verzehrten. «Der wahre Tod ist doch die Erleuchtung» war das Argument, das mich komplett überzeugt hatte. Wir sollten einfach Frieden in unserem Leben finden, denn das ist das, was uns Erleuchtung und den wahren Tod finden lassen würde. Die Dustmen würden uns auch ein Schloss und einen Schlüssel nach Faerûn zur Verfügung stellen können, da sie ihren Mitglieder bei allem halfen, um ihren Seelenfrieden zu finden. Wir bekamen einen Berechtigungsschein für Kutten und alles, was wir brauchten und waren somit vollwertige Mitglieder der Dustmen.
Auf dem Weg in den Keller ging aber die Diskussion los. Tappser wollte gerne hier noch die Aufgaben erledigen, Cinar war alles egal, er wollte nur zurück nach Faerûn. Ich war hin- und hergerissen. Beide hatten gute Argumente. Wir kamen überein, dass wir erst mal sehen würden, wohin in Faerûn die Türen führten, um dann zu entschieden.
Im Keller trafen wir auf einen Kobold, der uns erklärte:
«Wir haben zwei Tore. Eines führt nach Calimport. Das ist aber ein gemieteter Schlüssel und der Pachtvertrag läuft Ende der Woche aus. Calimport ist aber auch etwas gefährlich mit seinem despotischen Herrscher. Er mag keine Fremde und ihr seht nicht gerade aus wie die typischen Beduinen.
Die zweite Tür geht nach Earthheart.»
Wir nahmen unsere Karte zur Hand. Calimport war zumindest etwas näher am Evermoor. Theoretisch war dort auch ein Hafen und eventuell könnte man von dort eine Schifffahrt nach Neverwinter, Baldurs Gate oder Waterdeep organisieren. Wir liessen uns für einen Termin am nächsten Tag zur Mittagszeit einschreiben.
«Das Tor ist in Zelle 210 in den Baracken, den Schlüssel hat Leutnant Mainz.»

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Wir hatten also doch noch einen Tag Zeit, um unsere Aufgaben hier in Sigil zu Ende bringen. Jedenfalls so viel wir konnten. Da Tappser uns dazu überredet hatte, erhielt er die verbleibenden Briefe. Auf dem Weg zu den Believers of the Source liess ich ein paar Blümchen auf meiner schwarzen Kutte erblühen. Tappser und Eule zogen ihre wieder aus.

Vor der Great Foundry waren viele Zwerge. Aus dem Turm, der aussah wie ein grosser Bergfried, wurde Tag und Nacht Qualm ausgestossen. Es war eine riesige Schmiede. Im zitadellenähnlichen Gebäude war ein Wegweiser, der uns zur «Ersten Schmiede» führte. Sie war in der Mitte des Gebildes und ein riesiges Konstrukt. Es war sehr heiss. Ungeheuerlich heiss. Tappser übernahm zum Glück das Reden, da ich nur noch Gähnen konnte. Ich musste echt sehr dafür beten, die nächste Nacht zumindest zu ein bisschen Schlaf zu kommen. In Calimport stand uns bestimmt auch einiges bevor.
Der Zwerg war von der Idee des Ausschusses relativ schnell begeistert. Ich bekam noch ein Zwergenöl – das beste Bier Sigils! Wahrlich! Dafür ging der Zwerg zum nächsten Rohr, öffnete es und liess etwas in ein Gefäss hineintröpfeln. Dann kam er zurück zu mir und reichte mir den Humpen Bier. Darin schwamm eine schwarze Flüssigkeit, die ölig aussah, ölig roch aber wie ein sehr herbes und gutes Bier schmeckte!
Ein letzter Brief noch.

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