verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 43 – Am Verhandlungstisch

Wir sassen am Strassenrand und beobachteten weiter die Doomguard, wie sie die Strassenbarrikade errichteten. Sie schienen sich generell auch für einen Kampf zu rüsten.
«Tappser, hast du mitgekriegt, wovor die sich hier alle aufrüsten?»
Das hatte er wohl vergessen, denn er machte flugs kehrt und fragte einen grossgewachsenen und bärtigen Arbeiter.
«Ihr seid neu hier und wisst nicht was los ist?», lachte dieser. «Wir rüsten uns gegen das Harmonium und die anderen Unterdrücker Sigils!»
«Die Sons of Mercy…»
«Ja! Und die Sensates und die, die sich hier als Herrscher aufspielen. Die haben vor, die Armory zu überfallen. Wenn die diese erst mal unter Kontrolle haben, ist es vorbei. Dann steht nichts mehr gegen sie.»
«Nieder mit den Unterdrückern!», skandierte Tappser und erntete damit anerkennende Blicke.
Dann gingen wir weiter, um Arwyl Swan’s Son zu suchen.
Im Lower Ward passierten wir viele Läden, einige hatten geschlossen. Ein Zeichen der Unruhen? Wahrscheinlich. Im Hive war es relativ ruhig, natürlich wurden wir dort wie immer misstrauisch beäugt.

Beim grossen gläsernen Gebäude sah es immer noch sehr festlich aus. Verschiedenfarbie Lichter blinkten überall und es herrschte reges Treiben. Wir sahen Anhänger verschiedener Fraktionen, unter anderem des Harmoniums, Wachen der Sensates und Sons of Mercy. Cinar ging auf einen zu und fragte nach Arwyl. Der war in der Festhalle, um dort an einem Treffen teilzunehmen, das dort gleich stattfinden sollte. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Hmpf. Es war eine sehr verschwiegene Veranstaltung, zusehen durfte auch keiner.
Da kam schnellen Schrittes eine uns bekannte Gestalt durch die Menge geschritten. Meld. Er trug ein dickes Aktenbündel. Tappser stupste Eule an, um sie auf ihn aufmerksam zu machen.
«Oh, vielleicht gibt er mir wieder Essen!», und schon ging sie zu ihm, um hallo zu sagen.
Meld hielt abrupt inne, als er Eule erkannte und drehte sich zu ihr um. «Oh, halle Eule! Mit dir habe ich gar nicht gerechnet! Ich habe jetzt leider wenig Zeit, können wir uns später nochmal sehen? Oder…» er schien gerade einen sehr guten Einfall zu haben. Ein selbstgefälliger Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus.
«Vielleicht könntet ihr mir einen Gefallen tun. Würdest du und deine Freunde an dem Treffen teilnehmen? Als unbeteiligte, neutrale, unabhängige Beobachter? Das Harmonium hat nämlich bei den Sensates zu einem Zweckbündnis angefragt. Es läuft alles etwas aus dem Ruder in Sigil, das habt ihr bestimmt mitgekriegt….»
Ich rieb an meinem verletzten Arm und Tappser blickte wehleidig auf seine verkokelte Stelle herunter.
«…wie ich sehe, habt ihr es mitgekriegt. Das mit dem Bündnis läuft jetzt alles über Verhandlungen, dabei sollt ihr ein wenig moderieren und mitdiskutieren. Sozusagen aus dem Volke heraus.»
«Das sollten wir wohl hinkriegen.»
Die drei Laternenjungen, die wir im Schlepptau hatten, konnten aber leider nicht daran teilnehmen. Eule steckte Arthur ein paar Geldstücke zu und die drei Jungs rauschten mit glänzenden Augen zum nächsten Imbissstand ab.

Am Konferenztisch. Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Im Glaspalast sassen von jeder Fraktion eine Delegation und warteten schon. Hauptmann Levelskull (ausgerechnet) sass ganz vorne in den Reihen der Harmoniummitglieder, Arwyl Swan’s Son vor den anderen Sons of Mercy und einige Angehörige der Society of Sensation hinter einer Zwergin, die da den Ton anzugeben schien. Uns wurden Plätze am Rande der Sons of Mercy Delegation zugewiesen. Die Reihen der unabhängigen Parteien. Ich setzte mich auf das gestohlene Kissen, um nicht Gefahr zu laufen, während den Verhandlungen einzuschlafen.
Als alle an ihrem Platz sassen, erhob sich die Zwergin: «Wir sind heute hier zusammengekommen, um über ein Zweckbündnis zwischen den Sensates und dem Harmonium zu verhandeln, das die angespannte Lage in Sigil betrifft. Wir versuchen, uns auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen. Als Unparteiische sind die Sons of Mercy und einige Bürger Sigils eingeladen. Das Verlangen nach diesem Gespräche geht vom Harmonium aus, das das Zweckbündnis anbietet.»
Nachdem sich die Zwergin wieder hingesetzt hatte, erhob sich Levelskull: «Vielen Dank, Lady Eri, kommissarische Verwalterin der Society of Sensation. Wir stimmen eurer Ausführung zu und sind heute hier, um ein Zweckbündnis mit den Sensates zu verhandeln, um die Sicherheit in Sigil zu aufrecht zu erhalten. Wir möchten die Ordnung erhalten, zur Not auch mit Einsatz von Waffengewalt, um aufständische Bürger und Fraktionen im Zaum zu halten.»
Arwyl meldete sich zu Wort. «Wir von den Sons of Mercy sind anwesend, um sowohl das rechtschaffene Gelingen der Verhandlungen beider Fraktionen zu gewährleisten, werden uns aber als stille Beobachter zurückhalten. Für eine aktive Aktion seitens der Bürger Sigils haben wir eine andere Fraktion von Leuten eingeladen.» Er deutete auf uns und zuckte ein wenig zusammen. Er schien jetzt erst zu registrieren, wer da neben ihm sass und geriet ins Stottern. «U-u-unparteiische Bürger der Stadt, die nun ihr Begehren vorbringen werden, was sie von diesen Verhandlungen wollen. I-i-ich hoffe, sie wissen was sie wollen…»
Er musste sich beim Hinsetzen abstützen. Das hatte ihn wohl ziemlich aus dem Konzept gebracht.
Tappser begann sich zu erheben, doch Cinar war schneller. «Wir sind hier als Unparteiische vorgeladen worden, um uns an den Verhandlungen zu beteiligen und zuzusehen, dass auch die Bürger der Stadt in Zukunft in Sicherheit leben können.»
Und so wurden die Verhandlungen eröffnet.

Alle sahen eine grosse Bedrohung in der Doomguard, die Kriminalität war in den letzten Tagen sehr angestiegen. Unter anderem war dies auch auf die verteilten Waffen der Doomguard zurückzuführen. Auch ein Angriff auf die Doomguard stand auf dem Verhandlungsprogramm. Diese hatten angedeutet, selbst die Sache in die Hand zu nehmen und nach ihrer Auffassung für eine gewisse ‹Ordnung› zu sorgen. Ein Angriff auf die Doomguard war allerdings genau das, was sie erwarteten und so würde man nur in ihre Karten spielen.
Dann kam von Tappser der Vorschlag, einen Ausschuss zu bilden um mit einigen Vertretern aller Fraktionen zu verhandeln. Dies wurde von allen Seiten sehr begrüsst und es wurden noch einige einzelne Details ausgehandelt.
Zum Ende erhob sich Hauptmann Levelskull und fasste zusammen: «Also halten wir fest: Die Society of Sensation und das Harmonium gehen ein Zweckbündnis ein, wobei die Sensates vor allem die Sicherheit im Clerk’s Ward versucht zu halten, das Harmonium im Rest der Stadt. Es soll ein Ausschuss von Vertretern sämtlicher Fraktionen gebildet werden, um über die Sicherheit und Zukunft Sigils zu verhandeln. Insbesondere soll auch die Doomguard dazu gerufen und gebeten wereden, die Ausgabe der Waffen an Fraktionsfremde ganz zu stoppen. Hierfür haben sie 48 Stunden Zeit.»
Dann ging zu meinem Leidwesen eine lange Diskussion los, ob auch die Revolutionairy League in diesen Ausschuss berufen werden solle oder nicht. Zum Glück sass ich auf meinem Kissen und hatte es nicht in der Hand. Bedenken kamen von allen Seiten, dass sie der League nicht trauten, da ihr einziges Ziel war, Unruhe zu stiften und sie sowieso etwas gegen jedwede Ordnung in Sigil hatten. Tappser und Cinar diskutierten sehr engagiert sodass endlich ein Entschluss gefasst wurde:
Der Ausschuss sollte innerhalb von 48 Stunden gebildet werden, an dem alle Fraktionen und Gruppierungen beteiligt sein sollten. Auch die Anarchisten sollten angefragt werden (sollten sie den Ausschuss sabotieren oder sich ihm nicht anschliessen würden sie von den Verhandlungen ausgeschlossen werden). Falls sich der Ausschuss nicht bilden sollte, würden sich die Sensates und das Harmonium zusammenschliessen, um zur Not die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Es wurde ein Schriftstück erstellt und alle Beteiligten (auch wir) unterschrieben. Da trat Melt an uns heran. «Das habt ihr ganz wunderbar gemacht und Eule du warst auch spitze! Wollenw ir heute Abend was essen gehen?»
«Ähh, ja! Aber nur, wenn es keine lange Vorspeise ist.»
«Ja, ja ich weiss ja jetzt, was du magst. Dann erwarte ich dich bei Sonnenuntergang am Eingang der Festhalle!»
Tappser musste sich grinsend abwenden. Ich hatte jetzt endlich mein Kissen wieder in der Hand und konnte herzhaft hineingähnen.
Wir traten an Arwyl heran, um endlich mit ihm zu besprechen, weswegen wir überhaupt hergekommen waren. Ich fragte nach der Liste der schuldigen Entlassenen. Da gab es tatsächlich Neuigkeiten dazu. Kein Mitglied der Sons of Mercy habe die Listen manipuliert, das war sicher.
Ich erzählte ihm von unserer Theorie, dass die ganzen Unruhen der Stadt nur ein Ablenkungsmanöver sein könnte, um etwas Grosses zu vollbringen. Eventuell ging es ja gar um einen Umsturz der Lady of Pain. Hinweise dazu gab die schwierige Magie, die im Gefängnis zum Verschwinden Karans eingesetzt worden war. Arwyl fand die Theorie sehr besorgniserregend aber einleuchtend. Leider hatten wir nur das. Eine Theorie. Beweise mussten wir dafür noch finden.
Tappser brachte sein Anliegen, die Laternenjungen an die Sons of Mercy anzugliedern vor. Doch Arwyl wollte die Entscheidung für so ein Vorhaben noch nicht treffen, da die Sons of Mercy sich erst mal richtig bilden müssten und die Unruhen der Stadt davon ablenkten.
Auch erzählte Tappser von seiner Anmeldung bei der Doomguard, um diese zu unterwandern. Leider hatte er aber noch keine Informationen zu den geheimen Waffen, die diese gerüchteweise haben sollten. Vielleicht konnte er aber der Doomguard schon einmal stecken, dass da ein Stuhl an einem Verhandlungstisch für sie bereit stand, um sich etwas Vertrauen zu erschleichen.
Die Reihen in der Festhalle hatten sich schon gelichtet. Das Harmonium schien schon komplett aufgebrochen zu sein. Die Zwergin der Sensates winkte uns zu und kam mit einem Bündel Papier zu uns.
«Ihr seid doch die Stimme der Bürger von eben. Ich gehe davon aus, dass ihr Abenteurer seid, so wie ihr ausseht? Also ich habe hier Zettel! Das sind die Einladungen für den Ausschuss und ich würde euch gerne einige dieser Briefe geben, denn ich bin der Meinung, dass man das solchen überlassen soll, die man schon etwas kennt.» Und sie drückte mir die Papiere in die Hand.
Ich las vor: «Transcendent Order, Dust Men, Bleak Cabal, Fated, Fraternity Order, Belivers of the Source und Sign of One.» Das könnten wir übernehmen, bejahten wir und Cinar konnte für unsere Dienste noch etwas Geld und… ähhh Zeugs (?) von Lady Eri herausschlagen.

Die Einladungen zum Ausschuss. Bild von Nile auf Pixabay

Als wie wieder vor die Tür traten, standen die drei Jungs schon mit zuckerverschmierten Grinsen in den Gesichtern vor der Tür. Wir fragten Arthur nach dem besten Weg zu den Adressen und er führte uns als erstes zum Transcendent Order, zum Gymnasium. Es fühlte sich schon fast ein wenig heimisch an. Wir trafen auch gleich auf den jungen Menschengelehrten, der uns schon einmal geholfen hatte, einige Bücher zu finden. Er meinte, wir sollten uns an Obere Thea wenden, welche gerade in ihrem Büro weilte und führte uns vor ihre Tür. Thea war eine junge Gnomin. Sogar eine Waldgnomin! Sie sass hinter einem Eichenschreibtisch auf dem sich die Bücher türmten. Überhaupt stapelten sich überall Bücher und Schriften in dem Büro. Ich übergab ihr das Schreiben und erklärte, was es damit auf sich hatte. Sie hielt das für eine sehr gute Idee und bot sogar an, die Raumlichkeiten für die Verhandlungen zu stellen! Die Dust Men und die Doomguard würden nämlich kaum zum Festhallendistrikt gehen wollen.
Als nächstes lotste uns Arthur zur Hall of Speakers, dem Hauptquartier der Sign of One. Hier waren wir auch schon mal ganz kurz gewesen, bevor wir an die Informationshalle weiterverwiesen worden waren. Es schien hier noch viel bürokratischer zuzugehen als in der Hall of Records oder Information. Es liefen viele wohl gekleidete und wichtig aussehende Personen herum. Bei einer Rezeption in der Mitte des kuppelartigen Gebäudes empfing uns ein gleichzeitig gehetzt und gelangweilt wirkender Dragonborn und verwies uns an den Pressesprecher des Factols. Dieser sei im Büro sieben dreiviertel. Gang sieben, dritte Tür von links. Es sei alles ausgeschrieben. Wir schlängelten uns also durch das Bürokratengetümmel hindurch bis zur besagten Tür. Daran hing ein Schild: «Herr Plenter». Dahinter sahen wir einen Mann mit einem sehr gepflegten Bart und nach hinten geölten Haaren. Cinar brachte unser Anliegen vor, der Herr Plenter überflog das Schreiben und war einverstanden. Also wenn das so schnell und unkompliziert weiter ging, waren wir noch vor Eules Verabredung fertig!
Weiter zur Hall of Records und den Fated. Auf dem Weg dahin kamen wir an ein paar Verkaufsständen vorbei. Marktstände aus dem Marktdistrikt. Es gab Obst, Kleidung und Artefakte. Ich sah mich zuerst beim Obststand um. Eine Echsenfrau begrüsste mich. Sie erinnerte mich an die Echsen, die nun meinen Tempel bewohnten und bekam ein klein wenig Heimweh. Die Dame verkaufte mir eine weintraubenähnliche Frucht, die wach machen sollte und eine Krawumms, die aussah wie eine lila Schlangengurke mit Stacheln. Netterweise erklärte sie mir auch, wie man das Ding ass. Stacheln entfernen, dann schälte sie sich wohl fast von alleine und man konnte das Innere essen.
Die Echsendame und die anderen zwei Standbetreiber hatten den Marktdistrikt freiwillig verlassen, nachdem die Unruhen dort begonnen hatten. Kunden würden im Moment sowieso nicht mehr vorbeikommen.
Ich sah mich nach den anderen um. Sie hatten sich beim Stand mit den Artefakten versammelt. Als ich näher kam, sah ich einen Stern dort liegen mit Divine Intervention! Wow! Ich war völlig aus dem Häuschen. Nur leider waren die Artefakte natürlich sehr sehr teuer und der Händler liess sich nicht aufs Feilschen ein. Ich war viel zu müde um so grosse Entscheidungen zu treffen und mit grossen Geldsummen umzugehen. Ausserdem schien Cinar die ganze Sache nicht geheuer zu sein, da wollte ich mich lieber nicht drauf einlassen.

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