verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 28 – Feen, Nebel und Talismane

Bryella deutete um sich herum und erläuterte uns ihren Umbauplan für die Gildenhalle.
Zeigefinger nach unten: «Der Marktplatz kommt vor das grosse Haus», Zeigefinger nach rechts deutend: «auf den jetztigen Marktplatz kommen Wohnhäuser.»
Ich fand die Idee gut und war auch damit einverstanden, dass noch einige Bäume im Südwesten gefällt werden konnten für mehr Felder.
«Aber keine Viehweiden!», mischte sich Cinar ein.
«Genau! Keine Viehweiden, sonst kommen am Ende noch die Ghule und wollen Menschenzuchtflächen!» Ich war mit dem Kopf irgendwie noch bei den Bildern, die sich in unserer Küche abspielten…
Tappsers grosser Plan beinhaltete noch viel mehr Wohnhäuser und Schmieden und alles mögliche und uferte wie üblich etwas aus, war aber sehr detailreich. Nach wenigen Minuten hörte ich ihm gar nicht mehr richtig zu.
«Also ich bin dafür, dass wir erst mal das Wichtigste hier aufbauen, bevor wir uns über eine wandelnde interdimensionale Stadt Gedanken machen.»
«Die Flüchtlinge hier sollten erst mal versorgt sein aber auch irgendwann ihr eigenes Leben in die Hand nehmen können und sich irgendwo eine dauerhafte Bleibe aufbauen können», brachte Cinar zur Sprache.
Da stimmte ich ihm voll und ganz zu: «es war ja von Beginn an als Übergangslösung gedacht, weil die Leute fliehen mussten.»
Auch Bryella stimmte uns zu. Mehr habe sie sowieso noch nicht geplant. Dann klatschte sie zweimal in die Hände und scheuchte ihre Leute auf: «Kommt! Wir legen los!»
Und schon war eifriges Herumwuseln angesagt.
«Könnten wir uns jetzt bitte um die Ghule in unserer Küche kümmern?»

In der Küche stand Isabell mit einigen Wachen, die von Mia erklärt bekamen, wie man überhaupt kocht. Es schien tatsächlich ein Anfängerkochkurs zu sein. Die meisten wirkten interessiert, Mia war allerdings etwas zögerlich und nachdenklich. Scheinbar war ihr die Situation auch nicht ganz geheuer.
«Samuel, Mia, was guckt ihr denn wie sieben Tage Regenwetter?», fragte Tappser.
«Alles gut, das ganze ist nur sehr ungewohnt aber ich helfe gern unseren… äh… Mitbürgern.»
«Ich finde das ja alles schön und gut, dass ihr versucht, euch selbst zu versorgen aber könntet ihr das nicht woanders machen?», fragte ich zittrig. Mir war ganz schlecht.
«Ja, wir versuchen ja gerade herauszukriegen, wie wir unsere Vorräte haltbar machen können. Ihr habt da ja einiges angeschleppt und eine andere Küche haben wir leider nicht», gab Isabell zu bedenken.
«Wir haben ja auch ein grosses Salzfass….», setzte ich an aber weiter kam ich nicht. Von der Übelkeit übermannt kotzte ich auf den Boden.
Tappser sprang auf und brachte mich vorerst ins Bad nebenan.
«Erhol dich hier mal kurz, wir kriegen das schon hin», beruhigte er mich.
Boah ich konnte nie wieder in dieser Küche arbeiten, wääähhhh!

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Irgendwann holte Tappser mich wieder ab. Der Appetit war mir vergangen. Ich wollte nur noch ins Bett. Zum Glück lenkte mich Tappser auf dem Weg dahin mit seinem Gequatsche ab, sodass ich nicht nochmal in die Küche gucken musste. Ich legte mich sofort hin und schlief ein.
Naja, so halb jedenfalls. Zwei Worte verstand ich in dieser Nacht: «spielen… Feen» – Hui!
Es war also eine moderate Nacht und ich fühlte mich sogar einigermassen erholt.
In die Küche traute ich mich am Morgen jedoch noch nicht wirklich. Ich setzte mich direkt an den Tisch und nahm mir einen Apfel. Von dort aus schien die Küche eingiermassen aufgeräumt und sauber zu sein.
Als die anderen eintrafen erzählte ich, was ich verstanden hatte.
«Wir wollten ja sowieso nochmals zu Niel und nachhaken, ob er seine Feen gefragt hat, wie wir unsere blaue Eule wieder kupferfarben kriegen können.»

Dreissig von den hundert Leuten, die gestern noch gehen wollten standen jetzt abmarschbereit vor dem Tor nach Nesmé. Darunter Cornelius Vitalis.
«Ich will meine Rüstungen zurück. Das lässt sich von Nesmé aus viel besser bewerkstelligen.»
Auch Serania, die Diplomatin aus dem Mondwald verliess die Halle. Wir wünschten den Leuten alles Gute für ihre Zukunft und verliessen die Gildenhalle nach Hopefast.

Tappser wollte sich darum kümmern, dass die Kornsäcke gemahlen würden und wir setzten uns in die Taverne zu Mischa. Wir bestellten für Tappser einen Tee mit. Innen war frühmorgens noch nicht viel los. Mischa begrüsste uns und ich bestellte mir auch einen Tee, da sie nichts da hatte, was ohne Alkohol wach machte.

Unterdessen war Tappser bei der Mühle angekommen. Der Müller sah skeptisch nach oben, denn obwohl kein Lüftchen wehte, drehten sich die Mühlenflügel.
«Eine magische Mühle! Ha! Damit kann ich die Preise noch verdoppeln!», freute sich Halden schon.

Nach getaner Arbeit (er hatte einfach die Tür zur Gildenhalle vor die Mühle versetzt), kam Tappser in die Taverne nach. Ich schob ihm seinen Tee hin.
«Das Korn wird jetzt gemahlen», verkündete er.
Na, dann konnten wir ja weiter zu Niel.
An der Hüttentür klemmte ein Zettel:

Bin bei meinen Freunden und so bald wie möglich zurück – Niel

Hm. Der war wohl immer noch bei seinen Feenfreunden. Nur wo?
«Man sieht ihn mal hier mal da, meist in den Ebenen hinter den Feldern, doch genau weiss ich das nicht», gab Bob auf Nachfrage an. Das half uns auch nicht viel weiter.
Ich versuchte, Niel auf magische Weise zu orten, doch schien er nicht in Reichweite zu sein. Dann mussten wir wohl auf gut Glück… oder hatte die ‹magische› Mühle etwas damit zu tun? Wir beschlossen, erst mal dort nachzusehen.
Dort angekommen beschwerte sich Halden schon: «Eigentlich wollte ich die Mühle anhalten, um die Bremse zu warten… jetzt brauche ich eine neue! Diese hat dem Bremsversuch nämlich nicht standgehalten!»
Und er deutete auf die zerbrochene Vorrichtung.
An der Mühle schien aber nichts magisch zu sein, soweit ich das erkennen konnte. Komisch.
«Naja…», gab Cinar zu bedenken, » wenn es wirklich Feen sind, ist das kein Wunder. Diese selbst sind ja nicht magisch und dazu noch unsichtbar, weil sie sich nur zu erkennen geben, wenn sie erkannt werden wollen.»
Was denn dann nun die Mühle antrieb? Wir hatten alle keine Ahnung.

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Also mussten wir wohl oder übel doch raus aus dem Ort und Niel auf gut Glück suchen. Wir verliessen Hopefast nach Westen, an den Feldern und einigen Tierkoppeln vorbei hinaus in die Ebene, bis wir ins reine Grasland kamen. Dann teilte sich der Weg.
«Nordwesten oder Süden?»
«Nordwesten!» entschieden Cinar und ich wie aus einem Mund.
Das schien auch der weniger benutzte Weg zu sein. Wir folgten ihm, bis wir in der Ferne irgendwann ein paar Bäume sahen. Durchs hohe Gras schlugen wir uns dahin. Und da sass tatsächlich Niel im Zentrum der Bäume und meditierte.
«Niel! Niel!! Niel! Wir haben dich gefunden, wir haben dich gesucht!»
«Ah, dann war ich wohl nicht weit genug weg.»
«Warum wolltest du denn alleine sein?»
«Nun, ich wollte mit meinen Freunden einen schönen Tag verbringen.»
«Hast du denn deine Freunde gefragt wegen Eules Farbe?»
«Ja, sie könnten helfen, haben sie mir ins Ohr gesäuselt. Doch sie warten auf ein Angebot.»
Cinar gab Eule den Drachenzahn, den er Arauthator…amputiert hatte. Dann sollten wir unsere Bitte in die Bäume formulieren.
«Formulier bitte deine Bitte selbst!», Cinar wollte an keinem Auslegungsfehler der Feen Schuld sein.
Eule formulierte also: «Ich würde gerne meine ursprüngliche Farbe wieder haben.»
Sie legte den Zahn zu Boden.
«Nun, dann können wir ja wieder ins Dorf zurück, das hier hat sich für heute für mich sowieso erledigt. Die Feen sind jetzt weg.»
Ich erzählte Niel auch davon, was ich diese Nacht gehört hatte.
«Nun, dann wollte Mielikki euch vielleicht sagen, dass Feen gern spielen und auch mit euch spielen, wenn ihr nicht aufpasst, was ihr euch wünscht.»

Gegen Mittag waren wir in Hopefast zurück und luden Niel zum Essen ein. Auf den Feldern arbeiteten einige unserer Bewohner mit Bob.
Ich bestellte Kartoffeln und Gemüse bei Mischa. Ohne Speck. Aber mit Bohnen. Auch Cinar bestellte Kartoffeln und Gemüse. Und ein Bier.
«Mit Speck?», wollte Mischa wissen.
«Nein, ich hätte gern mein Bier ohne Speck.»
Eule wollte ein Bier mit Speck.
Und Niel luden wir natürlich auf ein Bier ein.
Hm, der eine Zwerg kam mir bekannt vor. Er sass mit einem menschlichen Bauern und einem weiteren Zwerg grimmig dreinblickend in einer Ecke. Der war doch gestern auch schon hier!
Ich machte Tappser darauf aufmerksam, alleine traute ich mich da nicht hin. Der ging sofort zu der kleinen grimmigen Gruppe hin.
«Hallo die Herren.»
«Was gibts?»
«Was ist passiert ihr seid mir gestern schon aufgefallen!»
«Nichts, ich brauch keine Hilfe.»
«Was ist denn passiert?»
«Ziemlich neugierig, was?»
«Ich bin auch eine Katze!»
«Hm, Nachbarschaftsstreit halt.»
«Was macht denn der Nachbar?»
«Momentan Streit über die Felder. Der Feldrand gehöre noch ihm, doch das wir dschon seit Jahren von mir gefplügt und jetzt komme ich mit meinem Pflug nicht weiter, weil der Nachbar ihn sabotiert hat. Jeder Frühling derselbe Streit.»
«Wer ist denn der Nachbar? Doch nicht etwa Mogrim?»
«Ha! Da sagt ihr was! Ja, das ist der Nachbar. Toller Nachbar, kann ich nur empfehlen!»
Da fühlte sich Tappser mit dem Zwerg schon innig verbunden und lästerte mit ihm eine zeitlang über Mogrim.
«Könnten wir uns den Pflug vielleicht mal angucken? Vielleicht finden wir ja Spuren und können Mogrim was beweisen.»
«Da müsst ihr nichts beweisen, ich habe ihn ja dabei beobachtet!»

Wir folgten dem Zwerg, der sich uns als Golgir vorstellte zu seiner Farm. Er hatte zufälligerweise Mogrim auch in letzter Zeit mit nicht mit seiner Leiter herumhantieren sehen.
Ich hatte den Verdacht, dass sich eventuell sogar Feen als Mogrim tarnten und hier Schabernack im Dorf trieben.
Golgir zeigte uns den Pflug, bei dem einige Speichen durchgesägt waren.
Natürlich hatte er Mogrim auch darauf angesprochen, doch der behauptete logischerweise, dass er es nicht war.

Tappser und ich gingen zu Mogrim, um ihn nach den Umständen zu fragen. Dass er eine Fee sei verneinte er natürlich.
«Es ist überhaupt fraglich, ob es Feen in diesen Breitengraden gibt.»
Das mit dem Pflug war er natürlich auch nicht.
Dann nahm Tappser Mogrim mit und liess ihn die Grenzen seines Feldes abstecken. Dazu machte er sich ganz genaue Notizen. Dann holte er Golgir und wiederholte mit ihm die Prozedur. Darauf holte er beide Zwerge zu sich und zeigte ihnen, dass sie sich ja eigentlich doch einig sind, da beide die gleiche Grenze abgesteckt hatten.
Natürlich waren die beiden Streithähne aber dadurch nicht beschwichtigt.
«Du sagst doch immer..» – «Und du das!»
Jedes Jahr derselbe Streit.
Wir vermuteten jemanden, der Schabernack trieb.
«Vielleicht ja ein Changeling?», jetzt war Golgir etwas ängstlich.
«Vielleicht ja!»
Das versetzte beide Zwerge in höchste Alarmbereitschaft.
Wir unterhielten uns etwas abseits nochmal. Cinar wusste, dass es allerdings kein Changeling sein konnte, da diese ja ihre Opfer in der Regel töteten. Also doch kein Changeling.
Niel, der uns die ganze Zeit begleitet hatte, wusste, dass mand ie Feen nur abhalten könne, indem man sie auf frischer Tat ertappte. Man musste sie auch mit einer Art «wahren Sicht» erkennen können. Und wenn man sie sehen konnte, waren sie verletzbar und würden es mit der Angst zu tun bekommen.
Hey, sowas konnte ich doch! Ich hatte doch letztens erst einen neuen Zauber erlernt, der jemanden die Wahrheit erkennen liess. Den musste ich sofort mal an Tappser ausprobieren! Vielleicht konnte er so auch etwas bei der kleinen Opferstelle vor dem Wirtshaus erkennen, von wo immer wieder Opfergaben gestohlen worden waren…
Nö, dort war wohl nichts zu erkennen. Aber als Tappser hochblickte und sich umsah, bekam er riesige Augen (und Pupillen). Im Evermoor östlich von Hopefast war ein riesiger Turm der bis in die Wolken reichte! Und eine fliegende Insel sah er auch und und und! Damit musste ich mich auf jeden Fall auch einmal verzaubern!

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Zum Abendessen kehrten wir wieder in die Taverne ein. Mischa strahlte schon, als sie uns eintreten sah.
Uiuiui, ich bekam jede Menge Handwerksbrote mit Kichererbsenbrei gereicht, mit Salat und Tomaten. Und einen Tee. Eule genehmigte sich natürlich die Schlachterplatte. Ieeks. Aber besser, als in unserer kontaminierten Traumaküche in der Gildenhalle essen zu müssen.
Tappser stand auf und bot lautstark alle Anwesenden ein Bier, die ihm eine gute Geschichte über den Turm im Moor erzählen konnten.
Ein Mann am Nachbartisch drehte sich um und erzählte irgend eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte. Der Tabaxi zahlte ihm trotzdem ein Bier.
Irgendwann kam eine Halblingsdame an unserem Tisch vorbei. Bevor sie hinausging, wandte sie sich an Tappser. Sie war aus der Nachbarstadt, Mornbryns Schild. Dort erzähle man sich einiges über den Turm. Die alten Leute dort wüssten sicher Einiges zu erzählen. Nunja, das wäre sowieso der nächste Ort gewesen, durch den wir auf dem Weg nach Neverwinter durchgekommen wären.
Mit der Abenddämmerung kehrten wir wieder in unsere Hallen zurück.

In der nächsten Nacht verstand ich lediglich das Wort «Glück». Dementsprechend unruhig war sie auch. Aber auch diese verging.
Beim Frühstück war Eule plötzlich wieder kupferfarben! Juhuu!
Ausserdem standen im Atrium viele Leute. Tappser hatte wohl am Vorabend noch mit Nehil besprochen, dass alle, die Arbeit suchten und diejenigen die Arbeit zu vergeben hatten sich frühs in der Halle zur gemeinsamen Besprechung einfinden sollten.
Also sammelten wir einige Ideen und teilten die Arbeitswilligen ein. Wege erneuern, Kräutergarten anlegen, Kinder beaufsichtigen, es war einiges zu tun und irgendwann alle zufrieden und beschäftigt.

Die letzte Aufgabe, die wir hier in Hopefast noch lösen mussten, bevor’s nach Mornbryns Schild gehen konnte, war das Mühlenmysterium. Wieso drehten sich die Mühlenflügel, ohne magische Einwirkung und Wind? Es hatte wohl irgend etwas mit den Feen zu tun, nur was?
Wir machten uns also nach dem Forum Arbeitsvergabe auf zu Halden. Die Mühle drehte sich fröhlich im nicht vorhandenen Wind und Halden machte ein lukratives Geschäft damit. Irgendwie musste er seine Bremse ja auch irgendwann einmal wieder erneuern können. Wieder belegte ich Tappser mit dem Zauber der Wahren Sicht und tatsächlich sah er etwas: Viele, viele kleine Feen, die sich oben auf den Mühlenflügel setzten, der durch ihr Gewicht nach unten schwang. «Huiiiiiiiiiii», machten sie alle beim Runterfallen. Unten angekommen flogen sie wieder hinauf zum höchsten Mühlenflügel und das ganze fing von vorne an. Tappser legte sich erst mal auf den Boden vor Lachen und sah sich die Sache eine zeitlang an. Dann kletterte er hinauf, setzte sich vor die Feen und sprach sie an.
«Oh nein! Oh nein oh nein! Ohneinohneinohneinohnein, wir wurden entdeckt!!!»
Und so stoben sie davon. Das Mühlrad wurde langsamer und hielt schliesslich an. Ein klein wenig enttäuscht war Halden zwar schon, aber vor allem erleichtert.

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Und so brachen wir am Mittag auf nach Mornbryns Schild. Es war eine Reise von anderthalb Tagen. In der Nacht, die wir unterwegs verbrachten, verstand ich nur «Dieb».
Die Stadt schien sehr friedlich. Sie war von einer Mauer umgeben, die schon halb zerfallen war. Ein gewaltiger Bergfried ragte über der Mauer auf. Wir betraten den Ort und versuchten, uns dem Bergfried zu nähern. Doch sobald wir eine bestimmte unsichtbare Grenze überschritten, zog dichter Nebel auf, der immer dichter wurde, je näher man dem Turm kam. Darum herum standen Rüstungen mit Hörnern.
Cinar rannte zielstrebig auf den Ort zu, wo er den Eingang vermutete. Plötzlich hörten wir ein Rüstungsklappern und ein Schrei: «Auauauaaaaaaaa!»
Eule hatte sich auch etwas weiter hineingewagt und bekam plötzlich ein Schwert ab.
Ich stand zum Glück noch relativ weit draussen, als Tappser zu brüllen begann: «Folgt meiner Stimme! Raus aus dem Nebel! Das hat keinen Sinn!»
Einige Bürger aus dem Ort kamen auf uns zugerannt. Ein älterer Mann fragte, ob das alle von uns gewesen seien. Eule war noch im Nebel! Sie bekam von einem schwarzen Schwert nochmal einen Angriff ab, kam dann aber keuchend herausgestolpert. Der alte Mann war sichtlich erleichtert.
«Was ist hier los?», wollte Cinar wissen.
«Ihr habt euch wohl etwas weit hineingewagt. Die meisten Leute sind nicht so neugierig wie ihr! Der Turm ist durch einen Zauber geschützt.»
Uh, schön, ich mag Mysterien.

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Der alte Herr lud uns in die Taverne des Städtchens, das «Troll in Flammen» ein. Der Wirt reichte uns Tees und Bier, je nach Präferenz und der nette Fremde bezahlte. Er stellte sich als Menlo Schildwächter vor.
Die Stadt sei Mornbryn geweiht, erzählte er. Mornbryn war vor über 1000 Jahren ein Held, der in der ganzen Region grosse Dienste erbracht hatte. Hier hatte er sich schliesslich niedergelassen und bis zu seinem Tod gelebt. Sein Teamkollege, ein mächtiger Zauberer, Ysmir, hatte sich im Moor einen Turm erbaut. So waren die beiden Orte verbunden, nur dass der legendäre Held offiziell tot sei und der Zauberer angeblich immer noch im Turm residierte. Er war ein Hochelf, der dementsprechend länger lebte. Einen offiziellen Beweis dafür, gab es natürlich nicht, geschweige denn für die Existenz des Turms überhaupt. Aber es galt ohnehin als Legende.
«Oder seht ihr einen Turm?», fragte er lachend.
Über den Bergfried erzählte er uns, dass dieser von 14 behelmten Horrorrüstungen bewacht wurde. Hinein kam man nur mit einem Schutzzaubertalisman. Doch das hatte keine Relevanz, denn niemand hatte einen Grund, den Turm zu betreten. Er war als Schutzquartier gedacht, falls die Stadt mal in Bedrängung kommen sollte. Herr Schildwächter war einer der letzten Stadtwachen mit so einem Schutzamulett! Doch er lehnte es ab, uns in den Turm zu bringen. Es gäbe keinen Grund und der Turm sei kein touristisches Ziel. Ausserdem würden nur Wächter mit Talisman den Turm in Friedenszeiten betreten. Nur wenn die Stadt angegriffen wurde, konnten mehrere Leute hinein eskortiert werden.
Um den Wächter von unserer Aufgabe zu überzeugen, gab ich ihm die Wahre Sicht. Und er kam nicht mehr aus dem Staunen hinaus, als er nach draussen trat. Er erzählte etwas von einem fliegenden Pferd, einige ansonsten unsichtbare Hirsche, der fliegenden Insel und, natürlich sah er den Turm im Moor.
Als er sich wieder ein wenig erholt hatte erklärte er, dass der Turm wohl eine Art Prüfung sei. Auf jeder Ebene müsse man sich etwas stellen, um weiter zu kommen und zuoberst würde der Zauberer Ysmir demjenigen, der es geschafft habe einen Wunsch erfüllen.
«Darf ich euch nun doch vielleicht um eine Aufgabe bitten? Seit einigen Wochen siehlt jemand irgendwelche Sachen, die zwar keinen materiellen aber grossen persönlichen Wert haben. Vermutlich bringt er sie in das Grab des Mombryn. Deswegen sind wir auch sehr misstrauisch anderen Abenteurern gegenüber. Mombryn wollte nie irgendwelche Belohnungen annehmen so wurden, als er starb alles durch ihn Verwehrte mit begraben und das Grab verschlossen. Man weiss nicht, wo die Gruft liegt. Die Legende geht weiter und besagt, dass weitere Schätze hinzugefügt werden können…» und der alte Mann deutete auf einen kleinen Schrein, der neben dem Gasthaus stand. Die Holzsäulen waren mit Einhörnern beschnitzt.
«Geistwesen», fuhr Menlo fort, «die wir als die dienenden Schwestern kennen, bringen die Opfergaben, die von nah und fern zu diesem Schrein gebracht werden nachts zu dieser Gruft. Doch der schändliche Dieb stiehlt jegliche interessanten Dinge, auch Opfergaben!»
«Ach, darauf wollte mich Mielikki hinweisen!», rief ich. So offenbarte ich dem Wächter, dass ich ein Champion Mielikkis war, den Titel aber auch noch nicht sehr lange trug.
«Meiner Treu! Es ist Jahrhunderte her, seit jemand eures Ranges diese Ortschaft betreten hat! Es wird bei diesem Dieb von einem Schatten in Menschenform geredet. Aber da ihr mit einem Champion Mielikkis reist, möchte ich euch bitten, das Grab des Mombryn zu betreten!»
«Lass mich raten – es ist im Turm?», fragte Cinar geistesgegenwärtig. Ich wäre niemals darauf gekommen!
«Genau! Im Keller! Ihr braucht ein bestimmtes Gedicht, welches ihr dort vortragen müsst, um die Tür zu öffnen.» Und Menlo Schildwächter rezitierte:
«Mit der Wächter ewige Treue
senken wir die Häupter mit Reue
sprechen die geheimen Schlüsselworte
und öffnen die versteckte Pforte.
So gelangt ihr in das Grab des Mombryn.»
Daraufhin holte er seinen Schutztalisman hervor und reichte ihn mir.
«Damit habt ihr einen Talisman. Es fehlen noch drei, die ihr bei meinen Wächterkollegen besorgen könnt. Diese heissen Halfdar Eisenbrecher, Titus Eritus und Emil Garton. Mit den Talismanen solltet ihr den Turm gefahrlos betreten können.»
Was für eine Aufgabe! Ein Turm, den seit Jahrhunderten keiner betreten hatte! Ein Schatz! Und vielleicht seit jahrhunderten verschollenes geheimes Geheimwissen! Wer weiss, was uns da drin erwartete?

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Halfdar Eisenbrecher machten wir in der Meadowcove (Auenbucht?) Farm aus. Ihm war auch eine Truhe mit Edelsteinen gestohlen worden. Von wegen der Dieb stahl nichts Wertvolles! Er versprach uns seinen Talsiman, wenn wir sein kaputtes Eingangstor wieder heil machen würden. Cinar und ich machten uns sofort an die Arbeit. Dann kamen auch Eule und Tappser hinzu, als sie sahen, wie wir ungeschickt versuchten mit den Brettern zu hantieren. Doch gemeinsam schafften wir es. Cinar und Eule hielten die Bretter zusammen, Tappser haute die Nägel rein und ich liess alles mit meinem Stab zusammenwachsen. Es ergab ein wunderschönes Tor. Halfdar war beeindruckt. Das zweite Amulett war unser und Titus Eritus genau gegenüber seiner Farm.
Als wir hinauskommen, war es schon dunkel geworden. Wir buchten uns im «Troll in Flammen» Inn ein und stellten Wachen auf. Cinar, Eule und Tappser hielten abwechselnd Wache, während ich versuchte, etwas von Mielikkis Geflüster zu verstehen. Ich verstand nur «unzufrieden».
Cinar und Tappser stellten tatsächlich jemanden, der im Nachbarzimmer herumwühlte. Tappsers Dolch stach auch zu und traf, doch der Dieb sprang durch’s Fenster auf die Strasse. Unser Tabaxi hinterher, doch die Figur drehte sich um und warf eine schwarze Kugel mit Lunte dahin, wo er aufkommen würde. Es machte «pöff!» und eine Rauchwolke breitete sich aus. Mittlerweile war auch ich wach geworden und Cinar und ich rannten die Treppe runter, während Eule auch aus dem Fenster sprang und mit ihrer Schnauze voran auf dem Pflaster landete.
Tappser sah den Schatten zwischen Schrein und Gasthaus auf die Mauer zu und – durch die Mauer hindurch rennen! Der Schatten war verschwunden. Tappser stapfte bedröppelt zurück und berichtete, was passiert war.
Wir rätselten noch etwas herum, doch wir kamen nicht wirklich weit. Die Gäste im Nebenzimmer vermissten ihre Geldkatzen und eine Brosche. Dieses Mysterium würen wir heute Nacht allerdings nicht mehr lösen können, also legten wir uns wieder schlafen.

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